Samstag, 17. Dezember 2011

Die letzten Wochen in Japan

Es ist soweit: in weniger als einer Woche sitze ich in Wuppertal unter dem Tannenbaum. Ich kann es gerade kaum fassen und weiß gar nicht, ob ich mich freuen oder traurig sein soll, aber fangen wir mal vorne an.

Die letzten Wochen hier in Japan waren der Wahnsinn. Dennis und ich haben eine Sehenswürdigkeit nach der anderen abgeklappert und haben alles gemacht, was wir unbedingt noch machen wollen. Da blieb kaum Zeit um Bilder hochzuladen, geschweige denn sie hier zu posten.

Da wäre zum Beispiel unser Trip mit Dennis Freund Franz nach Osaka:
Osaka, 13.11.2011
Dort hatten wir ne Menge Spaß. Wir haben uns die Burg angeschaut und waren in der Innenstadt zum bummeln. Anschließend haben wir eine Runde auf einem Riesenrad gedreht und haben noch Perikulas gemacht. Das sind so kleine Fotokollagen, auf die die japanischen Mädels total abgehen. Hier gibt es überall Automaten dafür.

Oder das Wochenende, an dem wir erst beim Karaoke waren und am nächsten Tag einen kleinen Koyo-Spaziergang gemacht haben:
Karaoke, Heian Jingu, Shabu Shabu, 19. - 20.11.2011
Am Abend waren wir noch in einem Shabu Shabu Restaurant, das war wirklich sehr lecker.

Das Wochenende danach war ich alleine in Yokohama, weil mein Lehrstuhl mich am Tag zuvor einen anderen Lehrstuhl in Tokyo hat besuchen lassen:
Yokohama, Gion, 26. - 27.11.2011
Ein Video von einem besonders coolen Erlebnis habe ich auch gemacht:

Am nächsten Tag waren wir noch mit Freunden in Gion. Dort haben wir eine echte Geiko (junge Geisha) getroffen und sie hat sich bereit erklärt ein Foto mit uns zu machen. Besonders stolz bin ich auf das Foto, auf dem nur die Geiko und ich zu sehen sind. Ein Traum wurde wahr.

Dennis und mein vorletztes, gemeinsames Wochenende haben wir natürlich auch gut genutzt:
Koyo, Hozu Gawa, 03. - 04.12.2011
Am Samstag hab ich alleine einen kleinen Koyo Spaziergang gemacht und am Sonntag haben wir endlich die Floßfahrt auf dem Hozu Gawa gemacht, die Dennis schon so lange machen wollte. Am Abend haben wir noch Christmas-Shopping gemacht, dabei hab ich versucht die Weihnachtsatmosphäre ein wenig zu dokumentieren.

An unserem letzten Wochenende haben wir natürlich erst eine Abschiedsparty für Dennis gegeben. Leider hatte ich meine Kamera vergessen, also kann ich euch nur das hier zeigen:
Doitsu No Weihnachtsmarkt, 11.12.2011
Wir waren auf dem deutschen Weihnachtsmarkt in Osaka. Ganz tolle Sache! Ich hab mich so gefreut, dass ich noch einen richtigen, deutschen Weihnachtsmarkt besuchen kann. Das war wirklich die Krönung des ganzen!
Wir haben auch ein Video für unsere deutschen Freunde gemacht:


Und jetzt ist Dennis weg. Einfach so. Und ich fliege auch am Donnerstag nach Hause.

Hätte mir jemand im September gesagt, dass ich kurz vor meiner Abreise unglaublich traurig werde und sogar fast die Vorfreude auf Weihnachten verliere, so hätte ich ihm nicht geglaubt. Aber es ist tatsächlich so gekommen. Ich bin genau so aufgewühlt, wie vor meiner Abreise aus Deutschland. Es fällt mir unglaublich schwer das alles hinter mir zu lassen. Meine Gastschwestern aus den USA und Malaysia, meine japanischen Gasteltern und der Gastbruder, meine Freunde aus der Uni, Brittanys Freunde und nicht zu vergessen: meine Lehrstuhl-Kollegen. Letztere sind mir ausgerechnet in der letzten Woche besonders ans Herz gewachsen, da wir vier Tage zusammen auf einer Konferenz waren. Aber davon möchte ich lieber ein anderes mal erzählen.

Ich glaube Jeder, der mal ähnliches erlebt hat versteht mich. Und ich glaube, dass am Ende dann doch die Freude über das Wiedersehen mit Freund und Familie siegt.
Aber Japan macht es mir auf den letzten Metern noch einmal so richtig schwer.

Viele Grüße

Donnerstag, 24. November 2011

Onsen, die heißen Quellen Japans

Oder: "Wie ich (mich) auszog um umzukippen." 
Eine heitere Geschichte von Mareike W. mit mittleren Katastrophen und Happy End.

Es war an einem schönen Mittwoch Mittag, der Dank des Erntedankfestes ein Feiertag in Feier-Japan war.
Dennis und ich planten die "Jan-Dirk Gedächtnistour" zu machen, die wir von einem Deutschen Professor mit dem Namen "Jan-Dirk" empfohlen bekommen hatten.

Die Sache hatte einen kleinen Haken: Ich war nicht 100%ig fit. Außerdem war ich furchtbar aufgeregt, weil im Anschluss an die Wandertour ein Besuch im Onsen eingeplant war.
Die Folge: Ich vergaß meinen Regenschirm und den Fotoapparat.
Geregnet hat es zum Glück nicht, aber das wäre auch das kleinere Übel gewesen. Wir fahren also mit der kleinen Eizan-Bimmelbahn bis zur vorletzten Station und wandern Richtung Kibune. In Japan heißt das meistens, dass man auf der kleinen Bergstraße laufen muss auf der natürlich auch Autos in beide Richtungen verkehren. Trotzdem war es ganz schön, denn die steilen, mit Nadelbäumen bewachsenen Hänge und das Flüsslein neben der Straße erinnerten ganz stark an das Sauerland.
Auf einmal erschreckte sich Dennis und machte "Waaahh!" worauf ich mich noch viel furchtbarer erschreckte, kreischte und zurück sprang. Der Grund: da lag eine kleine, tote Schlange auf der Straße. Viel Lärm um nichts also. Nett wie ich bin wollte ich das Tier wenigsten noch die Böschung runter schmeißen. Leider stellte sich heraus, dass die Schlange doch noch irgendwie ein bisschen lebt. Ich frage mich immer noch, wie das bei den Verletzungen sein konnte. Naja, jetzt ist sie hoffentlich irgendwo nahe des Wassers gestorben.
In Kibune fanden wir dann auch den Wanderweg über den Kurama-Berg nach Kurama. 200 Yen Eintritt! Hä? Warum? Tja, so ist das hier. Wanderwege sind selten, da sie meist privat angelegt worden sind, wie in diesem Fall von Schreinen und Tempeln die auf dem Weg im Wald lagen. Sogar ein kleines Museum gab's am Ende.
Und wie wir da so wanderten musste ich immer wieder Pause machen, weil mir schnell die Puste ausging.
In Kurama fanden wir Dank meines hervorragenden Orientierungssinnes (und einer Karte) schnell den richtigen Weg zum Onsen und ich wurde immer aufgeregter.

Ihr müsst wissen, dass in einem Onsen Männlein und Weiblein getrennt werden.
Meine Ängste waren folgender Natur:

  • Was ist, wenn ich was falsch mache?
  • Was ist, wenn mich alle anstarren?
  • Was ist, wenn ich die einzige Ausländerin bin?

... und so weiter. Ich hatte einfach ganz furchtbar Angst in irgendeiner Art und Weise aufzufallen. (Bitte merkt euch diesen Satz! Er wird noch wichtig werden.)
Wir entschieden uns für ein Ticket für den Innen- und Außenbereich. Man bekam einen Baumwoll-Kimono (Yukata) und zwei Handtücher, ein Großes und ein Kleines. Man zog sich erst im Haus aus, zog den Yukata an, nahm die Handtücher und machte sich dann auf den Weg Richtung Außenbereich. Dafür musste man über den Parkplatz und einen kleinen Weg in den Wald laufen. Am Eingang des Außenbereiches verabschiedete ich mich von Dennis. Wir wollten und in einer Stunde hier wieder treffen.
Erster Schritt: Schlappen aus und ins Schließfach. Okai, geschafft. Dann in den Umkleideraum. Es waren recht viele Japanerinnen, aber auch ein paar Ausländer anwesend. Juhu, trotzdem entspannte ich mich nicht. Ich suchte mir ein freies Schließfach, nahm das kleine Handtuch raus und die 100Yen Münze. Dann zog ich den Yukata aus, legte ihn ins Schließfach und versuchte abzuschließen. Ging nicht. Ich hab doch schon die 100Yen reingetan! Rütteln, Schlüssel nach rechts und nach links: Nichts. Nach einer Minute und großer, nackter Verzeiflung bemerkte ich die 100Yen Münze in meiner Hand. "Was ist eigentlich mit mir los?" Als die Münze im Schließfach war ging der Schrank auf wundersame Weise zu.
Nächster Schritt: Waschen. Ganz doll, mit viel Seife. Ach ne, ich hab ja noch ein Haarband & -gummi in den Haaren. Wieder zum Schließfach. Kram rein, jetzt aber raus hier. Wird ja langsam sehr peinlich. Jetzt stand ich, wie mich Gott und zu viel Schokolade geschaffen hatten draußen. Ah, da sind ja Waschgelegenheiten! Das es einen Waschraum gab, der eine höhere Temperatur als 7°C aufwies hatte ich in meiner Verwirrtheit wieder vergessen. Und so wusch ich mich gründlich, auch die Haare. Man sitzt in Japan dabei auf einem kleinen Hocker und bekommen die Seife gratis. Man wäscht sich ebenfalls mit dem kleinen Handtuch, das man aus dem Umkleideraum mitgenommen hat. Ich wollte ja alles richtig machen, also wusch ich mich gründlich, vergaß aber trotzdem die Ohren.
Wenn alle Seife im Abfluss ist und nicht mehr auf dem Körper oder im Handtuch darf man ins Becken, so hatte ich vorher gelesen. Also machte ich das auch, mir war ja kalt. Trotz anwesender Nichtjapaner fühlte ich deutlich die Blicke. Wahrscheinlich Einbildung, ich war einfach total unentspannt. Das Wasser war sehr heiß, aber eigentlich ist das genau mein Ding, heiß baden. Wie alle anderen setzte ich mich ab und zu auf den Rand des Beckens um mich wieder abzukühlen, aber irgendwie funktionierte das nicht richtig. Meine Körpertemperatur stieg an. Ein Blick auf die Uhr: viel zu früh! Wenn ich jetzt schon raus gehe muss ich ja die ganze Zeit in der Kälte auf Dennis warten. Also wieder rein ins Wasser. Nach 40min gab ich auf und verließ das Becken. Ich duschte mich kurz ab, aber auch nicht gerade kalt und so merkte ich, wie mir etwas schwummrig wurde. "Oh nein! Wenn ich mich jetzt hier hinsetze gucken mich alle an!" und so ging ich Richtung Innenbereich, da ist ja eine Bank und ...

... was ist das denn für ein Film? Ganz viele hektische Leute, ganz verschwommen ... die rufen was. Ich hör nur rauschen. Seltsame Perspektive. Ganz langsam wird mir bewusst: Ich liege auf dem Boden. Was ist passiert?
Natürlich ist das passiert, was ich garantiert nicht eingeplant und schon gar nicht gewollt hatte. Ich bin in Ohnmacht gefallen, zum zweiten mal in meinem Leben. In einem japanischen Onsen, vor den Augen aller im Wasser und im Umkleideraum Anwesenden, mitten auf der Schwelle. So weit ist es also mit meiner Ich-möchte-nichts-falsch-machen-Panik gekommen.
Was dann kam erlebt man glaube ich nur in Japan. Sofort kümmerten sich 5 fremde Frauen um mich, von irgendwo kamen Handtücher, jemand Stütze meinen Kopf. Man nahm meinen Schließfachschlüssel und holte den Yukata und das große Handtuch. Jemand gab mir kaltes Wasser zum trinken und ich war erst mal eine ganze Zeit benebelt. Eine Frau die Englisch sprach fragte mich was los sei, ich sagte ich hätte eine kleine Erkältung. Ich fragte sie, ob irgendwer Dennis Bescheid geben könnte. Als ich wieder alle Sinne bei mir hatte wurde mir klar, was passiert war und vor allem warum. Das Schamgefühl fand seinen Weg zurück in meinem Kopf und ein paar Tränen den Weg hinaus. So ein Sch**ß. Das Onsenpersonal brachte Trilliarden Handtücher und Yukata und am Ende sogar meine Jacke. Zwei Japanerinnen, eine Mutter und ihre Tochter, kümmerten sich die ganze Zeit um mich und versuchten mich mit allen Mittel warm zu halten bis ich mich wieder besser fühlte und den Umkleideraum verlassen konnte. Das war sehr rührend und ich habe mich noch sehr oft bei ihnen bedankt.
Am Ausgang habe ich dann auch Dennis getroffen, der sich angeregt mit dem Freund der englischsprachigen Frau unterhalten hatte. Ich versuchte das Geschehene möglichst gut wieder zu geben. Er war wohl auch sehr verwundert gewesen, als jemand im Onsen seinen Namen gerufen hatte und ihm mitteilte was geschehen war.
Ende von Onsen-Lied: Ein heißer Tee, eine Schläfchen im Ruhebereich und ein kleiner Besuch im Innenbereich des Onsen, aber nur ganz kurz. Dann die Haare schön gründlich trocknen und ab in die Innenstadt, um noch was zu essen. Wirklich viel Kraft hatte ich nicht mehr, aber es war trotzdem noch sehr lecker und lustig. Mir war aber klar, dass ich den nächsten Tag wohl im Bett verbringen würde.

Und hier sitz ich nun. Halsschmerzen, Schnupfen, blaue Flecken, aber dennoch guter Laune. Ich bin mir sicher, dass es mir morgen besser geht und dann heißt es für mich: Ab nach Tokio! Mit Shinkansen und einer Übernachtung, ganz alleine und auf Kosten meines japanischen Lehrstuhles, weil ich dort an der Uni Tokio einen Lehrstuhl besuchen darf, der sich u.a. mit Windenergieanlagen beschäftigt.
Das nächste große Abenteuer ist also schon in Sicht!

Liebe Grüße

Freitag, 11. November 2011

Amanohashidate - der letzte "Top 3 View"

Letzte Woche Donnerstag bin ich passend zum Tag der Kultur mit Dennis zur berühmten Sandbank bei Amanohashidate gefahren. Die Zugfahrten haben mich ca 80 € gekostete, aber das war es wert.
Endlich kann ich sagen:


Ich habe die offiziell drei schönsten Aussichten Japans gesehen!


Bevor ich aber dazu komme noch was anderes: Man Deutschland sollte mehr grünen Tee trinken.
Ich war eine ganze Zeit lang jeden Morgen schrecklich müde, hatte Kopfschmerzen und die Wirkung von Kaffee war auch eher so lala. Dann hab ich mal zu Tee statt Kaffee gegriffen und was soll ich sagen: Die Kopfschmerzen waren weg und ich konnte mich besser konzentrieren. Wenn ich in letzten Monaten mal den Eindruck hatte das ich krank werde, dann hab ich mir nen Tee gemacht. Ich war bisher hier nie richtig erkältet und das trotz der vielen Klimaanlagen im Sommer. Übrigens:
Wikipedia berichtet von Studien, die grünem Tee eine lebensverlängernde Wirkung bestätigt haben. Na wenn das mal kein Grund ist ...

Jetzt aber zum Thema.
Amanohashidate liegt noch in der Präfektur Kyoto, aber leider ganz weit im Norden an der Küste. Das habe ich auch erst relativ spät heraus gefunden, aber dann gab es auch kein zurück mehr. Wieso auch? Ist doch toll, so'n Tag am Meer. Wir hatten auch exzellentes Wetter!

Die lange Fahrt (pro Richtung 2 Stunden) haben wir uns mit einem japanischen Kartenspiel vertrieben, was wir aber im Endeffekt immer noch nicht richtig verstanden haben. Es ging irgendwie um Jahreszeiten, Blumen und Disney Filme.

In Amanohashidate haben wir uns erst mal zwei rote Fahrräder geliehen. Da hat der große Dennis gerade noch drauf gepasst, aber ich glaube es war nicht besonders gemütlich. Dann ging's auf die Sandbank.
Diese ist mit Kiefern bewachsen und hat sehr schöne Sandstrände, die im Sommer zum schwimmen einladen. Obwohl es nicht gerade kalt war, war hier gar nichts los. Keine verliebten Pärchen beim Strandspaziergang. Die haben alle den richtigen Gehweg unter den Kiefern vorgezogen. Muss man nicht verstehen.
Wir haben jedenfalls ein wenig die Aussicht genossen und ein paar Erinnerungsfotos geschossen.

Tada!

Wir haben dann noch viele andere lustige und schöne Fotos schießen können, aber das könnte ihr euch alles in der Galerie anschauen. Hier der Link:

Amanohashidate, 03.11.2011

Dann konnte man auf der anderen Seite der Bucht mit einem Sessellift auf einen Berg fahren und den Ausblick bekommen, für den der Ort im Endeffekt berühmt ist. Denn die Sandbank sieht aus einer etwas ungewöhnlichen Perspektive (man muss sie auf dem Kopf betrachten) aus, als würde sie in den Himmel führen. Deswegen wird sie auch die Himmelsbrücke genannt.

Dreht doch mal den Bildschirm um

Nach einer kleinen Stärkung und einem Erinnerungsfoto mit dem Maskottchen ging es mit dem wilden Sessellift wieder runter. Dennis hat ein Video gemacht. Ich muss immer lachen, wenn ich es mir anschaue. Ihr hoffentlich auch:


Als wir dann alles gemacht hatten, was man in Amanohashidate machen muss, sind wir nach Sonnenuntergang wieder nach Kyoto gefahren und waren erst mal schön beim Italiener.
Das war so lecker! Ihr habt ja keine Ahnung, wie sehr ich gutes, italienisches Essen vermisse.

So, jetzt hab ich auch erst mal nichts mehr zu erzählen. Mal schauen was das Wochenende bringt.

Viele Grüße

Dienstag, 8. November 2011

Kimono Jam

Am 29. Oktober startete in Kyoto eine Woche rund um japanische Kultur, mit dem passenden Feiertag am 3. November.

Auftakt am ersten Festtag war eine Parade, genannt Kimono Jam, welcher um 11 Uhr statt finden sollte. Die Veranstalter des Kimono Kurses, den ich vor kurzem besucht habe, luden uns dazu ein umsonst eines dieser traditionellen, japanischen Gewänder für eine Woche auszuleihen. Ausserdem hätte man die Chance direkt auf dem Umzug mit zu laufen. "Da simma dabei!", dachten sich meine chinesische Freundin und ich.
Die große Überraschung kam dann bei der Ausgabe der Kimonos und einem Blick in die Tüte: Kimono und Obi (Gürtel). Sonst nichts.
Keine Schuhe? Keine Unterwäsche? Keine Koshihimo (Bänder)? Keine Socken? Kein komisches Plastikteil, das den Bauch flach macht? Oh nein!!
Aber sowohl in China als auch in Deutschland weiß man: Not macht erfinderisch. Ich kaufte mir Unterwäsche und Plastikteil, weil mir die eh noch für meinen Yukata fehlten. Die Bänder schnitt ich mir aus einem Stück Stoff, das ich im Depato (Kurzform von Departmentstore = Kaufhaus) günstig erwarb. Und dazu zog ich einfach normale Schuhe mit weißen Socken an.

Ich stand also am Morgen des 29. Oktobers pünktlich um 8 Uhr auf und war um 10 Uhr fertig angezogen (ohne duschen). Dann kam der schwierige Teil: alleine im Bus zum Treffpunkt.
Ich wollte im Erdboden versinken. In meiner Nachbarschaft lief natürlich niemand im Kimono rum und schon gar nicht mit blonden Haaren. Ich habe mich selten so beobachtet gefühlt wie an diesen Tag und wollte zeitweise einfach nur im Boden versinken.
Natürlich war ich pünktlich am Treffpunkt, nur Ivon leider nicht. Sie rief mich an und sagte, dass sie sich verspäten würde. Na super! Wird ja immer besser.

Da stand ich nun und wartete.

Plötzlich näherten sich mir vorsichtig ein paar Japaner. Sie zogen ihre Kameras behutsam hervor und schlichen sich an. Einer traute sich und fragte, ob er ein Foto machen könnte. Natürlich durfte er! Von da an gab's kein zurück mehr. Es wurde auf den Auslöser gedrückt was das Zeug hält. In Null Komma Nix war ich das Fotoobjekt Nummer 1 an dieser Häuserecke. Das war alles so skurril! Um mich ein wenig zu beruhigen und um aus dieser Opferrolle wieder raus zu kommen machte ich ein kleines Video von mir und der Szenerie.


Zum Glück fing irgendwann die Parade an. Auch das Mitlaufen wurde mir erspart! Gott sei Dank, so rückte ich langsam aus den Fokus der Japaner und konnte ein wenig die Atmosphäre genießen.

Die erste Hälfte der Parade bestand eigentlich nur aus "American Style" Marschkapellen. Öde! Ich dachte, ich bekomme hier was von original japanischer Kultur zu sehen. Immerhin mehr Musik und Action als beim Jidai Matsuri.

Lächeln und winken

Als das Getröte vorbei war kam dann auch endlich mal Ivon. Sie und ihre Freundin hatten etwas länger gebraucht um den Kimono anzuziehen, ihn aber im Endeffekt doch falsch angelegt. Nicht links über rechts, sondern rechts über links. So tragen den Kimono nur die Toten. Dumm gelaufen, aber egal!
Den zweiten Teil der Parade konnten wir dann zusammen genießen. Da gab es dann traditionelle, japanische Tänze aus vielen Gegenden Japans, sowie einen internationalen Teil mit beispielsweise chinesischen Löwen- und Drachentänzen.

Löwentanz

Ich hab noch einige Videos gemacht, bei bedarf kann ich ein paar noch hochladen. Muss aber auch nicht sein. Vielleicht schaut ihr euch statt dessen noch die restlichen Fotos an, die ich gemacht habe:


Den ganzen Tag einen Kimono zu tragen erfordert übrigens Muskeln, die eine Durchschnittseuropäerin gar nicht hat. Also hieß es für die nächsten zwei Tage erst mal Muskelkater und Rückenschmerzen, weil man durch den großen Gürtel eine übertrieben gerade Haltung annehmen muss.

Am nächsten Tag habe ich zusammen mit Dennis einen kleinen Ausflug zum Arashiyama gemacht. Leider hat es die ganze Zeit mindestens geflieselt und ganz fit war ich auch nicht, aber es sind doch noch ein paar schöne Bilder bei rumgekommen:

Arashiyama, 30.10.2011

Das war's erst mal wieder von mir. Das nächste mal erzähle ich euch dann von der Himmelsbrücke von Amanohashidate. Klingt gut, nicht?

Viele Grüße

Montag, 31. Oktober 2011

Jidai Matsuri

Da ich ja inzwischen fast eine Expertin auf dem Gebiet der Matsuris hier in Kyoto bin, gab ich mir auch am 23.10. die Ehre und begleitete Dennis auf das Jidai Matsuri.

Vielleicht zitiere ich erst mal aus Wikipedia:
"Das Jidai-Matsuri (時代祭, Festival der Zeitalter) wird jährlich am 22. Oktober in Kyōto in Japan gefeiert.
Dieses Matsuri gedenkt des Umzuges der Kaiserlichen Hauptstadt nach Kyōto im Jahre 794 und wurde erstmalig 1895 gefeiert. [...]
Das Fest wurde ursprünglich geschaffen, um die Stimmung in Kyōto anzuheben, nachdem der Kaiserliche Hof und die Hauptstadt 1868 nach Tokio umgezogen waren. [...]
Die Teilnehmer der Prozession tragen Kostüme, die an die verschiedenen Zeiten der Geschichte Kyōtos erinnern, beginnend mit den modernisierten Soldaten der Meiji-Zeit, die das Ende der Funktion als Hauptstadt 1868 verkörpern, zurück bis zu Kostümen der Heian-Zeit.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs durften keine Frauen am Fest teilnehmen.
"
So gut informiert war ich allerdings vorher nicht. Ich wusste, dass Kyoto den Umzug zum Trost bekommen hat, weil der Kaiser lieber in Tokio wohnen wollte und hab dann mal grob getippt, dass sie den Auszug aus Kyoto darstellen wollen. 
Das klingt jetzt alles total interessant, in Wahrheit war es aber eine furchtbar lahme und lustlose Veranstaltung. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Japaner in Kyoto schon an die Abwesenheit des Kaisers gewöhnt haben, vielleicht sind sie aber auch immer noch traurig. 
Aber schaut euch erst mal die Fotos an (Musik gab es auf diesem Umzug übrigens so gut wie nie):

Jidai Matsuri, 23.10.2011

Dazu auch noch ein Video von der spannendsten Darbietung:


Wir haben es dann nach einer Stunde aufgegeben, Dennis war ein wenig enttäuscht. Obwohl dieses Fest wohl ähnlich wichtig sein soll wie das Gion Matsuri kann ich kaum Gemeinsamkeiten erkennen. 
Liebe Japaner, was habt ihr euch denn dabei gedacht?


Wir sind dann noch Sushi essen und shoppen gegangen. 
Der Abschluss bestand aus einem Guinness, einem Mangosaft (?) sowie eine Runde Kicker im "Pig & Whistle".
Alles in allem also doch ein schöner Sonntag.


Viele Grüße

Freitag, 21. Oktober 2011

Zurück in Kyoto


Wie schon erwähnt endete unsere Reise am Dienstag. Seit Donnerstagmorgen bin ich wieder allein in Kyoto.

Naja, mein Besuch ist zurück nach Deutschland geflogen. Das bedeutet nicht, dass ich jetzt alleine vor mich hin dümple und nicht weiß, was ich machen soll. Das Haus meiner Gastfamilie ist jetzt wieder Rand voll. Unter meinem Zimmer wohnt jetzt Brittany, mit der wir in den letzten 4 Wochen einiges unternommen haben. Sie ist wirklich sehr kommunikativ und lustig und ich bin froh, dass sie da ist. Außerdem mag sie japanischen Alkohol in verschiedensten Formen,  ich bin also nicht mehr die einzige, die ab und zu mal ein Bier trinkt.  Dann sind noch eine weitere Amerikanerin (Cathleen), sowie Susan aus Malaysia ins Haus gezogen. Jetzt hat meine Hausmutter wieder viel zu waschen und zu kochen, die Ärmste.
Abgesehen von meinen neuen „Geschwistern“ ist meine chinesische Freundin Ivon von ihrem China Trip zurück. Mit ihr war ich ja auch beim Kimono Kurs, ich hoffe wir machen bald wieder was Schönes zusammen. Diesen Samstag ist zum Beispiel „Jidai Matsuri“, ein weiteres, sehr wichtiges und altes Festival in Kyoto. Vielleicht gehen wir da zusammen hin.
Ein weiterer Freunde-Neuzugang ist Dennis, ein Doktorand aus Deutschland. Grandioser Weise ist sein Lehrstuhl am Katsura Campus untergebracht, also weit weg vom regem Uni Leben am Hauptcampus (Yoshida). Ich glaube er ist auch sehr froh eine Deutsche gefunden zu haben, mit der er sich ein wenig austauschen und vielleicht mal was unternehmen kann.

Wie in Bochum hat auch in Kyoto das neue Semester angefangen. Das merkt man deutlich!
Der Shuttlebus ist morgens viel voller als sonst und der Yoshida Campus, an dem der Bus abfährt, scheint aus seinem Dornröschenschlaf erwacht worden zu sein. Viele Menschen, geschäftiges Treiben.
Auch der Japanisch Kurs an meinem Campus hat wieder angefangen. Zwei von den internationalen Studenten meines Lehrstuhls werden ihn mit mir besuchen. Ich freue mich richtig darauf und habe mir fest  vorgenommen mir viel Mühe zu geben.
Also alles in allem ist es ist viel lebendiger geworden, an der Uni sowie zu Hause und so bestätigt sich, was ich schon im Juli vermutet habe:
Mitten im Semester ein Auslandsstudium zu beginnen ist eine wirklich blöde Idee!

Achso, vielleicht sollte man noch ein paar Worte über die letzten Wochen verlieren.
Ich habe mit Jan die Reise meines Lebens gemacht. Es war einfach nur großartig!
Davon zeugen nicht nur die 4000 Fotos die Jan gemacht hat, sondern auch mein Konto. Da wir ja beide Kinder des Cyberspace sind haben wir unsere Ausgaben stets in eine Excel Tabelle auf Jans Smartphone festgehalten. Nun haben wir nicht nur eine genaue Übersicht darüber, wie viel Jeder ausgegeben hat, sondern auch wie viel wer wem zahlen muss und wo eigentlich all unser Geld geblieben ist.
Und weil wir ja Ingenieure sind werden wir diese Daten auswerten, die Ergebnisse analysieren, interpretieren, Graphen erstellen, Gleichungen und Gesetzmäßigkeiten finden und am Ende alles in eine Power Point Präsentation packen. Diese werden wir euch dann gerne im Januar präsentieren und wenn ihr ganz brav seid, dann bekommt ihr auch noch die 4000 Fotos gezeigt, die wir gemacht haben.
Wir schätzen, dass diese Veranstaltung alles in allem ca 4 Stunden dauern wird, mit einer Pause von 30 min. Um die Größe des Hörsaals abschätzen zu können bitten wir um vorige Anmeldung. Bitte schickt dazu eine E-Mail an: daswilldochkeinersehen@gmail.com

So, bevor noch einer merkt, dass ich mich geschickt vor der Frage gedrückt habe wie teuer der Urlaub nun wirklich war, wünsche ich euch noch einen schönen Tag, wo immer ihr auch gerade seid.

Viele Grüße

Samstag, 15. Oktober 2011

Letzter Stop: Okinawa

Wir sind jetzt am Ende unserer Reise angelangt. Fast eine Woche wollen wir auf Okinawa bleiben, einer Insel ganz im Süden Japans.

Weißer Strand, Palmen, türkisfarbenes Wasser - so hatten wir uns das vorgestellt. Bisher hatten wir ja auch (bis auf den Yokohama-Tag) immer gutes Wetter. Dieses Glück hat uns offensichtlich verlassen. Ein Taifun, der zum Glück weit weg ist, beschert uns Regen und 90% Luftfeuchtigkeit. Statt Sonnenschirm Regenschirm und statt Sand Wasser in den Schuhen und kalte Füße. (Zu den heißen Quellen in Beppu wären wir günstiger gekommen.)
Unsere Laune ist dem entsprechend im Keller.

Hinzu kommt, dass Okinawa natürlich keine unberührte Südseeinsel ist, sondern ein Stützpunkt der US Army, was man sehr deutlich spürt und sieht, vor allem in der Hauptstadt Naha. Man hat den Eindruck, dass viele Gegenden hier schon mal bessere Zeiten gesehen haben. Aber mit einer rosa Brille sagt man sich einfach "Das ist Jamaika Feeling! " und fühlt sich fortan wie im japanischen Surfers Paradise, was eventuell auch hinkommt. Unser Hostel macht jedenfall den Eindruck, als würden hier viele Surfer mit Surfbrettern absteigen.

Also: Sobald die Sonne wieder da ist wo sie hin gehört, suchen wir die oben erwähnten Strände und dann kriegt man mich da so schnell nicht mehr weg. Bleibt zu hoffen, dass das schnell passiert und nicht erst am Dienstag, da reisen wir nämlich wieder ab.

Viele Grüße

Dienstag, 4. Oktober 2011

Wenn wir nicht nach Yokohama kommen, dann kommt Yokohama halt zu uns.

Wir sind in Tokio.
Übernachtet wird im Kangaroo Hotel, einem stylischen, platzsparenden Hostel im Asakusa Viertel. Schön ist die Gegend nicht, eigentlich die dreckigste, die ich bisher in Japan gesehen habe. Hier gibt es sogar Obdachlose. Trotzdem fühlen wir uns wohl.
Nachdem wir uns zwei Tage lang die Stadt angeschaut haben, wollten wir heute nach Yokohama. Bisher hatten wir immer gutes Wetter, aber Jan, unserem "Sunny Man", scheinen heute die Kräfte ausgegangen zu sein. Es regnet.
Da wir eh von der letzten Woche Power-Sightseeing erschöpft sind, entscheiden wir uns dazu heute mal einen ruhigen Tag zu machen und einfach so zu tun, als seien wir in Yokohama. Und jetzt sitzen wir in der Lobby auf der vermutlich einzigen Couch Japans mit Keksen und Internet und planen die nächsten Reisetage.
Nagano? Mt. Fuji? Nara? Oder vielleicht erst mal wieder nach Kyoto?
Mal sehen, steht alles noch nicht fest.
Was aber sehr wohl fest steht ist: Backpacking macht Spaß! Es kann gerne so die nächsten Wochen weitergehen. Flexibel zu sein und einfach überall hinfahren zu können ist einfach klasse. Mir macht das Minimum an Kosmetikartikeln und Klamotten auch gar nichts aus, bin eben doch eine Pfadfinderin.
Vielleicht noch ein paar Worte zu Tokio.
Es ist hier genau so wie ich es mir vorgestellt habe/ wie alle sagen/ wie man es im Fernsehen gesehen hat. Viele Menschen, laut, chaotisch, bunt, schnell, Hochhäuser, Tempel ... einfach alles. Die U-Bahnen morgens quillen fast über, dabei geben sich die Züge an den Bahnhöfen fast die Klinke in die Hand. Es gibt ca 3 verschiedene Verkehrssysteme, was selbst manchmal die Einwohner verwirrt. Es gibt so viel zum anschauen, aber man hat so wenig Zeit. Und so rennt man von A nach B um ja alles sehen zu können, was man sehen will.
Nach Hamburg war ich ja der Meinung "Fischmärkte werden überbewertet", aber das trifft auf das Exemplar hier nicht zu. So unglaublich leckeres und fisches Sushi werde ich wohl nicht so schnell wieder essen können. Und auch wenn wir zu spät kamen und nur noch die Köpfe sahen: So'n Thunfisch ist echt groß!
So, ich mache dann jetzt mal weiter Yokohama unsicher.
Viele Grüße

Mittwoch, 28. September 2011

Sapporo!

Los geht die große Fahrt!
Von Kyoto aus sind Jan und ich heute nach Sapporo aufgebrochen. Das ganze über Kobe Airport mit der Fluggesellschaft Skymark, die ich an dieser Stelle für Inlandsflüge in Japan empfehlen möchte.
In Sapporo wohnen wir jetzt für 2 Tage im Youth Hostel, das uns bisher sehr sauber und ruhig vorkommt.
Zum Auftakt ging es erstmal in den "Sapporo Bier Garten" der bekannten, japanischen Biermarke. Hier haben wir uns Lammfleisch BBQ All You Can Eat and Drink gegönnt.
Jetzt riechen wir sowas von nach Essen, dass wir wohl noch morgen was davon haben werden. Zum Glück haben wir kein Frühstück gebucht!
Morgen wollen wir uns einen Nationalpark anschauen und Freitag geht es dann weiter Richtung Süden.
Viele Grüße


Mittwoch, 21. September 2011

Der Kimono Kurs

Morgen bekomme ich endlich Besuch auf Deutschland! Und bevor mein Kopf mit anderen Dingen voll ist und ich keine Zeit mehr für's Internet habe, hier der versprochene Bericht.

Einen Kimono tragen. Das wollte ich schon immer mal machen. Da kam mir die Idee von meiner Freundin Ivon gerade recht, dass ich doch einfach mit ihr an einem Workshop teilnehmen solle. Er wäre auf japanisch und das Anmeldeformular auch, aber das wäre ganz einfach und es würde bestimmt nicht so schlimm sein, wenn ich kein japanisch spreche. Sie könnte bestimmt ein wenig für mich übersetzten, meinte sie. Und sie sollte Recht behalten, es war wirklich ganz einfach!

Was aber auf keinem Fall einfach ist, ist einen Kimono zu tragen. Egal ob man englisch, deutsch, chinesisch oder japanisch spricht - ohne gewisse Kniffe zu kennen geht da gar nichts. Zunächst schickt man mich zielsicher zu den L-Size Kimonos als ich beim Workshop ankomme. Trotz des Taifuns Talas hatten Ivon und ich uns vor die Tür getraut, auch diese Entscheidung werden wir nicht bereuen.

Ich entschied mich für einen schwarzen Kimono mit Blumenmuster. Dazu muss man sagen, dass ohne Blumen-, Schmetterlings- oder Feuerwerksmustern bei Kimonos und Yukatas (Sommerkimono) gar nichts geht. Für den Yukata gilt: umso bunter, umso besser. Egal ob die Farben zusammenpassen oder nicht. Und so hat mein Obi (Gürtel) zwar eine tolle beige-goldene Farbe, aber eben auch eine Seite die schweinchen-rosa ist.
Also: Kimono, Obi ... was braucht man noch?
Damit man den Kimono während des Wickelns in Position halten kann, braucht man zwei bis drei Koshihimo (ganz normale Stoffbänder). Dann noch ein ganz Breites, das am Ende wenn alles hält noch mal um die Taille gewickelt wird - für die Sicherheit!
Und um die Knoten der vier Stoffbänder zu verstecken braucht man auch noch einen Plastikstreifen, den man am Ende zwischen Obi und Kimono steckt.
So, was fehlt? Genau! Die Unterwäsche. Mit sexy hat das nichts zu tun. Es handelt sich um einen einfachen, dünnen Baumwollwickelrock und einem Hemd aus dem gleichen Material, das ein wenig wie ein Kimono geschnitten ist, nur eben kürzer. Im Kragen des Hemdes wird ein Plastikstreifen eingeführt der die Funktion eines Formgebers für den Kimono übernimmt.

Also, wir halten fest: Sehr viele Dinge die man braucht damit ein Kimono aussieht, wie er ausehen soll. Zum Outfit kommen hinzu:
- Tabi (weiße Socken mit Gummisohle, die den dicken Zeh von den Anderen trennen)
- Schuhe (Flip-Flops aus Holz beschreiben sie sehr gut)
- Handtasche (ein Stoffbeutel mit Kordel, mehr nicht)

Naja und was jetzt kommt konnte ich nicht gut fotografisch dokumentieren, ich war ja mit lernen beschäftigt. Also nur die Kurzfassung:
Socken anziehen, Klamotten ausziehen, Wickelrock anziehen, Hemd anziehen und dabei bloß die Reihenfolge welche Seite über die Andere kommt beachten! Sonst ist man am Ende als Leiche verkleidet. Damit alles hält, wird der erste Koshihimo umgebunden - schön fest! Jetzt den Kimono überstreifen, ausrichten, so anheben, dass der Saum sich Knöchelhoch befindet, einschlagen und mit Koshihimo unter der Brust befestigen - richtig straff! Überflüssigen Stoff auf Brusthöhe herausziehen, hier und da ein wenig ziehen und korrigieren, beachten, dass der Kragen der Unterwäsche und des Kimonos gut übereinander liegen und eine Faust zwischen Hals und Kragen passt (das gilt als hübsch). Dann den nächsten Koshihimo nehmen und irgendwie alles festbinden, Hauptsache man bekommt keine Luft mehr. Dann kommt das letzte, dicke Band und man darf mit dem Obi-wickeln beginnen. Der wird erst einmal um den Bauch gewickelt, dann wird wieder ein Stück rausgezogen und anschließend wird an beiden Enden schön fest gezogen. Jetzt legen wir hier und da was übereinander, falten dort halb und hier halb, wickeln das andere Ende rum und stecken den überflüssigen Teil irgendwo hin, biegen noch ein wenig rum und "Tadaaa!" - fertig ist die Schleife! Und weil wir ja keine Prostituierten sind muss die Schleife auf den Rücken. Also ziehen wir diese stramme Konstruktion rechts rum bis wir glauben, dass die Schleife dort ist, wo sie hin gehört. Dann noch ein wenig hier zuppeln, da zuppeln, den Plastikstreifen noch irgendwo unterbringen und fertig ist der Kimono.

Ganz einfach, oder?

Wir halten fest: Kimono und Klimaanlage - best friends forever!
Der Kimono sieht gut aus, wenn am Ende keine weiblichen Kurven mehr zu erkennen sind. Üppige Oberweite ist hier eher nicht von Vorteil. Genau wie ausladende Gesäße oder übermäßiger Bauchspeck.

Wo ist Walter?

Nach diesem Foto durften wir in der Innenstadt flanieren. Dank des Taifuns war es stürmisch und schwül, nicht gerade sehr angenehm. Und ausserdem ist ein Kimono kein Kleidungsstück für Temperaturen über 30°C.

Eine Woche später war der zweite Workshoptag. Dieser sollte dem Vertiefen dienen oder dem Erlernen weiterer Obi-Bindungsarten. Ich war allerdings nur schwer in der Lage überhaupt irgendetwas auf die Reihe zu bekommen. Der Abend vorher war leider sehr lang und sehr alkohollastig gewesen. Also von diesem Exkurs nur ein Foto von mir und meiner Freundin Ivon.


Das war es aus der Welt der Kimonos. Ich hoffe ihr könnt euch jetzt ein wenig vorstellen, wie umfangreich das Anlegen dieses traditionellen, japanischen Gewands ist.

Viele Grüße

Freitag, 2. September 2011

Post aus Deutschland

Tut mir Leid, dass ich schon so lange hab nichts mehr von mir hören lassen. Momentan ist mir aber auch nicht wirklich nach erzählen.
Aber nächstes Wochenende nehme ich an einem Kimono Workshop teil, davon werde ich dann wieder ausgiebig und mit Bildern berichten.

Heute morgen kam die lang ersehnte, erste Post aus Deutschland an. Für mich der Beweis:
Auch ohne japanische Schriftzeichen zu beherrschen kann man mir durchaus einen Brief schicken!


Der Brief ist von meinen Eltern und hat etwas über eine Woche gebraucht. Eine 75 Cent Briefmarke drauf und ab ging die Post!
Also falls ihr den Drang verspührt mir einen Brief o.ä. zu schicken
(ich hab übrigens bald Geburtstag) lautet die Anschrift:

〒606 - 8253
2-2 Kitashirakawa Senouchicho
Sakyo-ku, Kyoto
Japan
c/o Nagaoka (Mareike)


Von Japan nach Deutschland Post schicken klappt übrigens wunderbar und ist sogar viel schneller.

Ansonsten nähert sich Kyoto grade der zweite Taifun seit dem ich hier bin. Es regnet zeitweise wie aus Eimern und der Wind geht den Baumen ganz schön an die Gurgel. Im Gegensatz zum letzten Mal bin ich aber sehr viel relaxter, schließlich wohne ich nicht an der Küste.

Und zu guter Letzt dann doch noch ein paar Bilder aus den letzten Wochen:

Hiei-zan (Berg Hiei), 15.08.2011

Tee Zeremonie, 18.08.2011

Deutsches Restaurant, 22.08.2011

Viele Grüße, vor allem an meine Familie

Montag, 15. August 2011

"Maiky, was machst du eigentlich?"

Zwischen dem ganzen Sightseeing darf man natürlich auch nicht vergessen, dass ich hier nicht zum Spaß bin.

Zuvor habe ich aber noch zwei Fotoalben von den letzten Wochenenden für euch:

Hanabi, Fushimi Inari-Taisha, Gion 29.-31.7.2011

Osaka, 6.8.2011

Also:
Während meines Auslandssemesters hier höre ich keine Vorlesungen und schreibe keine Klausuren. Das klingt erst mal sehr positiv, was es ja auch ist. Viel mehr Freizeit habe ich deswegen allerdings nicht. Ich schreibe stattdessen nämlich eine Studienarbeit, also quasi eine Abhandlung über ein bestimmtes Thema, welches in meinem Fall auch mit Experimenten im Windkanal verbunden ist. Das Thema lautet in grober Richtung „Windenergieerzeugung in Japan und Europa“. Während der erste Teil quasi „nur“ aus Recherche besteht, muss ich im zweiten Teil über meine Windkanaltests berichten, die aber mit dem ersten Teil nicht viel zu tun haben. Es handelt sich bei meinem Modell, das ich untersuche, zwar um eine vereinfachte Windenergieanlage, jedoch könnte diese genauso gut auch in Japan und nicht in Deutschland stehen.
Wie gesagt, es ist eben nur ein vereinfachtes Modell. Es wurde in Deutschland von meinem betreuenden Lehrstuhl und ehemaligen Arbeitgeber zusammengeschraubt, genau genommen natürlich von einem unserer handwerklich hoch begabten Techniker. Die Rotorblätter und die Nabe stammen aus dem Flugzeugmodellbau, der Rest ist Marke Eigenbau. Es verfügt, außer der Fähigkeit sich schon bei schwachem Wind zu drehen, über einen Hall-Sensor, der die Drehzahl messen kann. Aber das ist natürlich nicht das einzige, was wir untersuchen.
Jedenfalls steht das Modell gerade in diesem Windkanal an der Universität Kyoto. Mit den Messungen konnte ich im August beginnen. Leider haben wir vorher einige Tests machen müssen und so habe ich bisher noch nicht viele brauchbare Daten. Der Rest vom August birgt „leider“ einige Feiertage und sogar Ferien. Ich sehe mich schon am Wochenende und in den Ferien arbeiten. Das ist natürlich doof für mich, aber so ist das nun mal, wenn man im Ausland ist. Was mich viel mehr stört: Ich kann das nicht alleine machen. Und das bedeutet, dass irgendein armer Student mit mir da seinen Urlaub opfern müsste.
Ach ja, vielleicht wundert ihr euch auch, warum ich ständig von „wir“ spreche. Ihr müsst nämlich wissen, dass mir hier alle ausschließlich männlichen Studenten unterstellt worden sind – haha! Na gut, ganz so krass ist es nicht. Das Problem ist, dass es anders als an meinem Lehrstuhl in DE keine Techniker gibt. Die Studenten machen alles alleine und geben ihr Wissen von Generation zu Generation weiter. Da sie ihren gesamten Master und meist auch einen kleinen Teil des Bachelors an einem und demselben Lehrstuhl verbringen, haben sie zum Lernen auch ein wenig Zeit. Also wurde für mich ein Schichtplan erstellt, täglich stehen mir 3 andere Studenten zur Seite und helfen mir bei den Messungen. Da nicht alle gut Englisch und ich kein Japanisch sprechen, habe ich zwei Studenten, die mir eigentlich jeden Tag helfen und auch bei den Gesprächen mit dem Professor anwesend sind. Sie sind also so etwas wie meine Betreuer, obwohl sie ja auch mit dem Studium noch nicht fertig sind. Wenn ihr wissen wollt, wie die Professoren und Studenten an meinem Lehrstuhl so aussehen, habe ich hier noch ein Fotoalbum von meiner Willkommensparty:

Welcome Party

Ok, so viel zur Theorie.
In der Praxis ist es leider so, dass ich mich sehr bemühen musste (und immer noch muss) die Leute zum Englisch sprechen zu kriegen. Es war nicht selbstverständlich, dass man mich in die Diskussionen um das weitere Vorgehen oder ähnliches mit einbezog, oder es für mich übersetzte. Ich muss ständig fragen, was sie denken, was wir jetzt als nächstes machen oder was das Problem ist. Dabei kann ich nicht selten weiter helfen, ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen. Das hat mir am Anfang viel Kraft und Durchsetzungsvermögen gekostet, weil ich auch ständig im Hinterkopf habe „Es geht schneller, wenn sie mir nicht alles übersetzen müssen“ oder „Die haben hier ja schon genug Probleme wegen mir“. Andererseits sind das ja MEINE Messungen, MEINE Studienarbeit und wenn ich falsche Daten am Ende habe ist es MEIN Problem.
Inzwischen klappt es aber schon recht gut, dafür machen wie gesagt die Messungen Probleme. Mir rennt hier echt die Zeit weg. Den Windkanal habe ich nur noch bis zum 4.9., danach kommt das nächste Projekt.
Und so langsam muss ich mir auch mal Gedanken darüber machen, wie ich mich am Ende bei meinen Kollegen bedanken kann, ohne mich in finanzielle Probleme stürzen zu müssen – sie werden nämlich nicht dafür bezahlt, dass sie mir helfen.

Viele Grüße

Freitag, 29. Juli 2011

Schrein und Sushi

Bevor das neue Wochenende hereinbricht und mich wieder mit endlos vielen Verabredungen und hemmungslosen Besäufnissen überschüttet (wer ab und zu mit mir kommuniziert bemerkt hier die Ironie), möchte ich euch noch von meinem letzten Wochenende berichten.

Ich besuchte zusammen einem Japaner namens Kosuke und einer Japanerin namens Shiho einen Schrein namens „Kitano Tenman-gu“. Ich war zuvor etwas skeptisch, da die Telefonate mit meinem männlichen Bekannten (trotz der Dauer von ca. 60 min) aus wenig Inhalt und vielen „Äääähm“s, „Ähhh“s und „Eeeee to“s bestanden. Allerdings war es letztendlich ein sehr angenehmes Aufeinandertreffen. Trotz der sprachlichen Barriere konnte man sich dank der eigenen Gliedmaßen sehr gut unterhalten und Spaß zusammen haben.

Album 8: KitanoTenman-gu 23.7.2011

Es war mein erster Schrein-Besuch und ich war sehr gespannt. Dank dem Besuch im Nijo Castle wusste ich, dass man besser morgens oder nachmittags aufbricht. Bloß nicht in der sengenden Mittagssonne! Ich fühlte mich gut vorbereitet, mit meinem Sonnenschirmchen und Wasserflaschen. Dieses Gefühl verflog, als wir das erste Mal anhielten und ich mir etwas erklären ließ. Ein flüchtiger Blick auf meine Beine ließ mich entsetzt aufschreien: „MÜCKEN!“ Oh nein! Ich hab ne kurze Hose an. Zu spät, es gab kein Zurück mehr. Das Ergebnis habe ich im zugehörigen Fotoalbum gut dokumentiert.
Ein Schrein, das ist ein Ort für Gläubige des Shintoismus, einer der zwei größten Religionen in Japan. Der Shintoismus ist eine Art Naturreligion, in der es für Alles und Jeden einen Gott gibt. Und jeder Gott hat natürlich einen Schrein, an dem man zu ihm beten kann. In meinem Fall war der Schrein dem Gott des Lernens gewidmet, wenn ich das richtig verstanden habe. Allerdings gibt es auf dem großen Gelände auch viele kleine andere Schreine an denen man z.B. für seine Kühe, für Wohlstand oder was einem sonst noch so einfällt beten kann.
Der Shintoismus schließt niemanden aus und heißt Jeden in seinen heiligen Stätten willkommen, vorausgesetzt man wäscht sich beim Eintreten gemäß dem Ritual. Und wirklich jeder kann hier beten, egal ob Christ, Moslem oder Atheist - man muss es nur wollen und man muss die Regeln einhalten: Verbeugen, vortreten, Geld einschmeißen, Glocke läuten, beten, verbeugen, wegtreten.
Hinterher kann man auch einen Schrein-spezifischen Talisman kaufen, den man je nach Größe und Wirksamkeitsstärke für 500 bis 1000 Yen (~ 4 bis 9 €) bekommt. Am Samstag konnte man auch eine kleine Holztafel kaufen. Mit dieser geht man zu bereitgestellten Tischen auf denen Tinte und Pinsel bereit liegen. Jetzt schreibt man seinen lern-spezifischen Wunsch auf die Tafel und hängt sie da auf, wo alle anderen Tafeln auch hängen. Komischer Weise war meine Tafel die einzige weit und breit, die in „Romanji“ geschrieben war, beziehungsweise auf „Doizu-go“.

Nach dem Besuch kamen wir meinem Wunsch nach: Sushi essen – endlich! Fast schon einen Monat in Japan und noch keine richtiges Sushi gegessen? Das geht nicht, hatte ich mir gesagt. Also ab zum „Kaiten-Sushi“, wo die mit Sushi bestückten Teller im Kreis fahren und man sich vorher anschauen kann, was man essen wird. Eine ganz tolle Erfindung, ich habe natürlich auch davon Fotos und sogar zwei Videos gemacht. Schaut her:

1. Die Qual der Wahl

2. Yamaimo Uzura, nichts für Feinde roher Eier

Alles in allem war es wirklich ein ganz toller Samstag!

Viele Grüße

Montag, 25. Juli 2011

Mein erstes Erdbeben

Ist schon seltsam, wenn man im Bett liegt und auf einmal fängt das ganze Haus an zu wackeln. Es war zwar nur ganz schwach und kurz, aber trotzdem bekommt man ein ziemlich mulmiges Gefühl.
Hier der Beweis

Viele Grüße

Sonntag, 24. Juli 2011

Viele Videos vom letzten Wochenende

Wenn ihr gerne in bewegten Bildern sehen wollt, was ich letztes Wochenende gesehen hab, dann schaut euch doch mal was hiervon an:

Dokumentarisches zu Gion Matsuri:
16.7.2011 Teil I
16.7.2011 Teil II
16.7.2011 Teil III

17.7.2011 Teil I
17.7.2011 Teil II
17.7.2011 Teil III

Aus dem Alltag:
Polizisten bei der Arbeit und meine verrückte Begleitung
Neulich im Shoppingcenter ...

Viel Spaß damit!

Donnerstag, 21. Juli 2011

Gion Matsuri

Das Gion Matsuri Festival in Kyoto ist schon über 1000 Jahre alt und seit dem scheint sich nicht viel verändert zu haben.

Zunächst muss man sagen, dass das Festival den ganzen Juli über dauert. Man merkt es daran, dass an vielen bevölkerten Plätzen in Kyoto aus den Lautsprechern diese typische Musik gespielt wird, die kon-chiki-chin genannt wird, weil sie genau so klingt. Es gibt dann verschiedene Events über den Juli verteilt, aber der Hauptakt ist vom 14. bis zum 17. Juli. 
Vorher werden innerhalb weniger Tage die Festwagen gebaut und zwar fast so, wie sie schon vor 1000 Jahren gebaut wurden: Aus Holz, nur mit Seilen und die Räder haben keine Steuerung nach rechts oder links. Die großen Wagen, die "Hoko", wiegen dann mal so lockere 10 tonnen und werden dann am Umzugstag (17.7.) von ungefähr 40 Männern durch die Stadt gezogen.

Aber bevor das passiert werden am 14., 15. und 16. erst mal die Wagen bestaunt. Diese stehen nämlich einfach mitten auf der Straße, die kurzerhand zur Fußgängerzone erklärt wird. Man hat in dieser Zeit den Eindruck, dass sich ganz Japan in Kyoto aufhält und so ähnlich ist es auch. Diese doch sehr breiten Straßen sind voll mit schwarzhaarigen Japanern in traditionellen Gewändern, die Yukata heißen und einfach dünne, sommertaugliche Kimonos sind. Ansonsten wird ähnliches wie bei anderen Volksfesten geboten: Essen, Feiern, Alkohol. Aber keineswegs wie beim Oktoberfest. Sturzbetrunkene und sich übergebene Menschen sieht man nicht. Pöbeleien oder Streitereien mit der Staatsgewalt liegen dem alkoholisierten Japaner auch fern, das war jedenfalls mein Eindruck.

Am Umzugstag steht man am besten schon um 6 Uhr auf, wenn man einen teuren Sitzplatz in der prallen Sonne haben möchte. 7 Uhr reicht aber auch um die Parade zu sehen. Dank der überfüllten Straßen dauert die Anreise ins Stadtzentrum doppelt so lang, aber es lohnt sich. Um 9 Uhr heißt es dann, wie der Köllner sagen würde: "Der Zoch kütt!" und die Wagen werden in Bewegung versetzt. Ich habe an diesem Tag das Glück gehabt an einer Kreuzung zu stehen, auf der die Festwagen nach links abbiegen mussten. Das bedeutet nämlich, dass man sich anschauen kann wie 40 Männer einen Koloss auf 4 Rädern mit Hilfe von zwei dicken Tauen und etwas Wasser um 90° drehen und zwar so präzise, dass sie den Wagen nicht in 200 Metern wieder von einer Hauswand wegholen müssen und er genau in der Mitte der Straße fährt. Genial!
Ich hoffe ich kann euch genug anschauliches Video- und Fotomaterial liefern:

Hier schon mal die Fotos!

Bleibt noch die Frage: Warum das Ganze?
Entschuldigt mich, aber ich werde an dieser Stelle zitieren "Vor ca. 1100 Jahren, im Jahre 869, tobte eine schreckliche Epidemie durch Kyoto, die viele Tote zurückließ. Man hielt dies für die Rache des Gottes Nomikoto (der Geist des verstorbenen Kaisers Gozu). Um den Geist zu beschwichtigen und die Epidemie zu stoppen, rief man das Gion Matsuri ins Leben. 66 kunstvoll verzierte Hoko, einen für jede Provinz Japans, wurden zum Shinsen Garten gesandt und in Ritualen benutzt, um die Epidemie auszutreiben. Immer wenn eine Epidemie ausbrach, wurden diese Rituale durchgeführt. Von 970 an wurde es zu einem jährlichen Ereignis, das immer am 14. Juni abgehalten wurde. Durch Krieg und andere Ereignisse immer wieder unterbrochen, nahm dieses Festival eine immer wichtigere Stellung im Leben der Stadtmenschen ein und es wurde immer aufwendiger gestaltet." (http://www.japan-tipp.de)

Viele Grüße

Samstag, 16. Juli 2011

Video vom letzten Wochenende

Hier ist noch ein HD Video vom letzten Wochenende, dass ich gemacht habe. Ich bin erst jetzt dazu gekommen es hoch zu laden:

10.7.2011, near Kawagaramachi Station

Wie versprochen: Essen und Fernsehen

Japanisches Fernsehen.
Also ich will bezweifeln, dass ich jeden Sender und jede Sendung schon gesehen habe, aber was ich gut kenne ist japanische Abendunterhaltung. Wärend des Abendessens wird in unserer Gastfamilie immer der Fernseher angemacht, was mich im ersten Moment etwas stutzig gemacht hat, aber schon nach kurzer Zeit war klar: Das ist mein Ding! Die lassen sich immer wieder was Neues einfallen, zum Beispiel in dieser Sendung dessen genaues Prinzip ich bisher nicht verstanden habe.
Einmal traten da zum Beispiel japanische B-Promis gegen professionelle japanische Sportlerinnen an in deren Disziplinen. Die Sportarten waren in diesem Fall etwas abgewandelt, zB musste die Hürdenläuferin 100m Hürden laufen und der Promi hatte auf dem Stück nur eine Hürde. Klingt unfair, aber die Frau hat trotzdem gewonnen. Oder Volleyball: Das Promi-Spielfeld wurde in 9 Kästchen unterteilt und dann mussten die Profi-Frauen Bingo spielen, indem sie versuchen mussten den Ball in einem bestimmten Kästchen auf dem Boden treffen zu lassen. Das alles ist dann selbstverständlich quietschbund und rechts oben im Bild werden die Reaktionen von den Promis/Moderatoren im Studio eingeblendet. Ausserdem tauchen immer wieder riesige Schriftzüge auf mit Kommentaren vom Moderator oder so. Auch alles sehr bunt.
Beliebt sind auch Real Live Rollenspiele, wie ich es mal nenne. Zum Beispiel laufen Kandidaten in nem Park herum und müssen Aufgaben erfüllen um ein Rätsel zu lösen. Ausserdem sind da dann an bestimmten Orten irgendwelche Spielfiguren, die sie finden müssen und die ihnen Aufträge geben. Aber Achtung! Nicht von den Hanta (Hunter) fangen lassen. Die sehen nämlich aus wie grade der Matrix entsprungen und können sehr schnell laufen. Erwänte ich schon, dass das auch alles quietsch bunt ist?
Baby Kätzchen mit viel zu kurzen Beinen lösen im Studio ungebremste Begeisterung aus und die Japaner kommen aus dem "Kawaii!!" (süß, putzig) rufen gar nicht mehr raus. Ich aber auch nicht um ehrlich zu sein.
Um euch einen Eindruck von dieser Show zu vermitteln hab hier mal ein Link zu einem Youtube Video (ich bin ein Link) angehängt.
Achso, Spielfilme gibt es Abends natürlich auch. Bei uns zuhause laufen meistens Animes, also japanische Comicfilme. Vor allem Klassiker, wie zum Beispiel Prinzessin Mononoke von 1997.

Japanisches Essen.
Es gibt Reis.

Na gut, das stimmt nicht. Nur Reis ist ja auch Quatsch. Es gibt schon noch was dazu. Aber der Reis ansich ist schon extrem lecker (bitte stellt euch jetzt keinen spitzen Langkornreis vor, sondern schöne kleine Sushireiskörner).
Abends gibts hier immer ein Schüsselchen Reis, eine Schüssel was zum Reis dazu und ein Schälchen Salat oder Suppe. Meine Gastmutter kocht wirklich sehr gut! Und da ich das kochen schon ein bischen vermisse freu ich mich immer, wenn ich das Essen in die Mikrowelle stellen kann, den Reis in die Schälchen füllen und den Tisch decken kann. Das macht mir Spaß und das kommt gut an. Vorher muss man aber Luna, die Perserkatze des Hauses, vorsichtig vom Tisch schieben, mit der will ich es mir natürlich auch nicht verscherzen.
Auch ansonsten ist japanisches Essen sehr lecker. In der Cafete hat mir bisher eigentlich alles gut geschmeckt, bis auf die Innereien der Makrele. Kalte Nudelsuppe mit Eiswürfeln lässte mein Herz bei 33°C und 80% Luftfeuchtigkeit höher schlagen: Die beste Erfindung wo gibt!
Und wo wir grad bei Nudeln sind: Es ist wahr, Japaner schlürfen. Aber nicht nur son bischen, wie damals als Kind, als unsere Eltern sagten "Jetzt schlürf doch nicht so! Man kann dich doch sonst nirgendswo mit hinnehmen!". Neeein, bei diesem Schlürfen wärd ich hochkant aus dem Esszimmer geflogen und hättet 3 Wochen Hausarrest und Fernsehverbot bekommen! Unglaublich.
Sushi hab ich übriegends noch keines gegessen, obwohl es in jedem Supermarkt welches zu kaufen gibt. Aber irgendwie ist das für mich so eine gesellige Sache geworden, ich mag kein Sushi alleine essen. Also warte ich noch ein wenig. Vielleicht ist es ja heute Abend soweit?

Dieses Wochenende ist das Gion Matsuri Festival, einer der wichtigsten Feste in ganz Japan. Und ganz Japan ist auch in Kyoto deswegen, das wird spannend! Aber davon erzähl ich dann nächstes mal.

Dieser Eintrag ist mal wieder viel zu lang geworden. Ich werde mich in Zukunft auf ein Thema beschränken, sonst hat hinterher keiner mehr Lust mitzulesen.

Liebe Grüße

Mittwoch, 6. Juli 2011

Guten Morgen ihr Schlafmützen

Geht’s euch gut? Mir im Großen und Ganzen schon. Ich fühl mich hier wohl, wenn da nur der Jetlag nicht wäre …
Stellt euch einen Ort vor, an dem die Dinge noch bürokratischer sind als in Deutschland. Einen Ort, an dem ihr vor einer Beamten sitzt und erst mal in 3 Formulare mit kryptischen Schriftzeichen, jeweils zweimal euren Namen (einmal in romanischen Buchstaben und einmal in japanischer Schrift) sowie eure Adresse zuhause und Vorort und viele weitere Informationen eintragt bis ihr das beantragt habt, was ihr beantragen wolltet: eine Alien Registrierungskarte. Und dann bekommt ihr gesagt, dass es Japaner nicht interessiert ob ihr zuhause schon eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen habt oder nicht, ihr müsst die japanische nehmen, die Gott sei Dank recht günstig ist und 70% der Kosten deckt. Da kann einem schon mal die gute Laune vergehen, aber das ist auch schon alles, was einem an diesem Land stört. Für alles muss man sich registrieren, egal was. Sogar eine Pree Paid Karte und ein Handy bekommt man nur gegen dreimaliges Formular ausfüllen, Pass zweimal abgeben,  sowie vorzeigen von Versicherungs- und Studentenausweis (letzteres besitze ich jetzt in dreimaliger Ausführung: Deutsch, International und einen Japanisch). Da kann man froh sein, wenn man jemanden dabei hat, der alles übersetzt. In meinem Fall war das am Montag der Assistenzprofessor und am Dienstag ein anderer Austauschstudent des Lehrstuhls. Sonst wäre ich hoffnungslos verloren glaube ich. Respekt für alle, die diese Prozeduren alleine machen müssen.
Es ist jetzt Mittwoch und ich ziehe mal Bilanz. Ich habe: ein Fahrrad, ein japanisches Handy, eine japanische Krankenversicherung, einen japanischen Studentenausweis, ein Zuhause das für mich kocht, wäscht und putzt, eine vorläufige Alien ID und hoffentlich bald eine Arbeitsgenehmigung. Wie jetzt? Ich dachte die Maiky will da studieren? Ja, tut sie auch. Aber ich bekomme auch einen Job! Auch wenn ich keine Ahnung habe wie man mir das Geld überweisen will (ich hab kein japanisches Konto) und wie viel ich eigentlich verdienen werde, aber ich soll hier arbeiten. Ich werde bei Windkanalversuchen assistieren. Toll! Das wollte ich schon immer mal machen. Hat in Bochum immer nicht so gut funktioniert, da hab ich vor allem Studenten das rechnen bei gebracht (an dieser Stelle einen Gruß an meinen alten Lehrstuhl).
Hach ja, es gibt ja so viel zu erzählen. Ich denke ich mache das lieber Stück für Stück. Das nächste Mal erzähle ich von dem tollen Essen hier und japanischen Fernsehen.
Und für alle Fukushima Interessierte: Ich esse kaum Meeresfrüchte/Fische und man spart hier in öffentlichen Gebäuden Strom (was eventuell noch zu Problemen mit meinen Windkanalversuchen führen kann).
Liebe Grüße

Sonntag, 3. Juli 2011

Fotos, die 2.

Ein neues Album auf Picasa:
First Day, First Walk

Erster Post

Hier ist er! Der erste Beitrag auf meinem neu eingerichteten Blog.
Herzlich willkommen und viel Spaß beim lesen.

Wenn ihr wollt könnt ihr unter "Folgt mir per E-Mail" eure E-Mail Adresse eintragen und dann werdet ihr (angeblich) über neue Beiträge automatisch informiert.