Montag, 15. August 2011

"Maiky, was machst du eigentlich?"

Zwischen dem ganzen Sightseeing darf man natürlich auch nicht vergessen, dass ich hier nicht zum Spaß bin.

Zuvor habe ich aber noch zwei Fotoalben von den letzten Wochenenden für euch:

Hanabi, Fushimi Inari-Taisha, Gion 29.-31.7.2011

Osaka, 6.8.2011

Also:
Während meines Auslandssemesters hier höre ich keine Vorlesungen und schreibe keine Klausuren. Das klingt erst mal sehr positiv, was es ja auch ist. Viel mehr Freizeit habe ich deswegen allerdings nicht. Ich schreibe stattdessen nämlich eine Studienarbeit, also quasi eine Abhandlung über ein bestimmtes Thema, welches in meinem Fall auch mit Experimenten im Windkanal verbunden ist. Das Thema lautet in grober Richtung „Windenergieerzeugung in Japan und Europa“. Während der erste Teil quasi „nur“ aus Recherche besteht, muss ich im zweiten Teil über meine Windkanaltests berichten, die aber mit dem ersten Teil nicht viel zu tun haben. Es handelt sich bei meinem Modell, das ich untersuche, zwar um eine vereinfachte Windenergieanlage, jedoch könnte diese genauso gut auch in Japan und nicht in Deutschland stehen.
Wie gesagt, es ist eben nur ein vereinfachtes Modell. Es wurde in Deutschland von meinem betreuenden Lehrstuhl und ehemaligen Arbeitgeber zusammengeschraubt, genau genommen natürlich von einem unserer handwerklich hoch begabten Techniker. Die Rotorblätter und die Nabe stammen aus dem Flugzeugmodellbau, der Rest ist Marke Eigenbau. Es verfügt, außer der Fähigkeit sich schon bei schwachem Wind zu drehen, über einen Hall-Sensor, der die Drehzahl messen kann. Aber das ist natürlich nicht das einzige, was wir untersuchen.
Jedenfalls steht das Modell gerade in diesem Windkanal an der Universität Kyoto. Mit den Messungen konnte ich im August beginnen. Leider haben wir vorher einige Tests machen müssen und so habe ich bisher noch nicht viele brauchbare Daten. Der Rest vom August birgt „leider“ einige Feiertage und sogar Ferien. Ich sehe mich schon am Wochenende und in den Ferien arbeiten. Das ist natürlich doof für mich, aber so ist das nun mal, wenn man im Ausland ist. Was mich viel mehr stört: Ich kann das nicht alleine machen. Und das bedeutet, dass irgendein armer Student mit mir da seinen Urlaub opfern müsste.
Ach ja, vielleicht wundert ihr euch auch, warum ich ständig von „wir“ spreche. Ihr müsst nämlich wissen, dass mir hier alle ausschließlich männlichen Studenten unterstellt worden sind – haha! Na gut, ganz so krass ist es nicht. Das Problem ist, dass es anders als an meinem Lehrstuhl in DE keine Techniker gibt. Die Studenten machen alles alleine und geben ihr Wissen von Generation zu Generation weiter. Da sie ihren gesamten Master und meist auch einen kleinen Teil des Bachelors an einem und demselben Lehrstuhl verbringen, haben sie zum Lernen auch ein wenig Zeit. Also wurde für mich ein Schichtplan erstellt, täglich stehen mir 3 andere Studenten zur Seite und helfen mir bei den Messungen. Da nicht alle gut Englisch und ich kein Japanisch sprechen, habe ich zwei Studenten, die mir eigentlich jeden Tag helfen und auch bei den Gesprächen mit dem Professor anwesend sind. Sie sind also so etwas wie meine Betreuer, obwohl sie ja auch mit dem Studium noch nicht fertig sind. Wenn ihr wissen wollt, wie die Professoren und Studenten an meinem Lehrstuhl so aussehen, habe ich hier noch ein Fotoalbum von meiner Willkommensparty:

Welcome Party

Ok, so viel zur Theorie.
In der Praxis ist es leider so, dass ich mich sehr bemühen musste (und immer noch muss) die Leute zum Englisch sprechen zu kriegen. Es war nicht selbstverständlich, dass man mich in die Diskussionen um das weitere Vorgehen oder ähnliches mit einbezog, oder es für mich übersetzte. Ich muss ständig fragen, was sie denken, was wir jetzt als nächstes machen oder was das Problem ist. Dabei kann ich nicht selten weiter helfen, ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen. Das hat mir am Anfang viel Kraft und Durchsetzungsvermögen gekostet, weil ich auch ständig im Hinterkopf habe „Es geht schneller, wenn sie mir nicht alles übersetzen müssen“ oder „Die haben hier ja schon genug Probleme wegen mir“. Andererseits sind das ja MEINE Messungen, MEINE Studienarbeit und wenn ich falsche Daten am Ende habe ist es MEIN Problem.
Inzwischen klappt es aber schon recht gut, dafür machen wie gesagt die Messungen Probleme. Mir rennt hier echt die Zeit weg. Den Windkanal habe ich nur noch bis zum 4.9., danach kommt das nächste Projekt.
Und so langsam muss ich mir auch mal Gedanken darüber machen, wie ich mich am Ende bei meinen Kollegen bedanken kann, ohne mich in finanzielle Probleme stürzen zu müssen – sie werden nämlich nicht dafür bezahlt, dass sie mir helfen.

Viele Grüße