Morgen bekomme ich endlich Besuch auf Deutschland! Und bevor mein Kopf mit anderen Dingen voll ist und ich keine Zeit mehr für's Internet habe, hier der versprochene Bericht.
Einen Kimono tragen. Das wollte ich schon immer mal machen. Da kam mir die Idee von meiner Freundin Ivon gerade recht, dass ich doch einfach mit ihr an einem Workshop teilnehmen solle. Er wäre auf japanisch und das Anmeldeformular auch, aber das wäre ganz einfach und es würde bestimmt nicht so schlimm sein, wenn ich kein japanisch spreche. Sie könnte bestimmt ein wenig für mich übersetzten, meinte sie. Und sie sollte Recht behalten, es war wirklich ganz einfach!
Was aber auf keinem Fall einfach ist, ist einen Kimono zu tragen. Egal ob man englisch, deutsch, chinesisch oder japanisch spricht - ohne gewisse Kniffe zu kennen geht da gar nichts.
Zunächst schickt man mich zielsicher zu den L-Size Kimonos als ich beim Workshop ankomme. Trotz des Taifuns Talas hatten Ivon und ich uns vor die Tür getraut, auch diese Entscheidung werden wir nicht bereuen.
Ich entschied mich für einen schwarzen Kimono mit Blumenmuster. Dazu muss man sagen, dass ohne Blumen-, Schmetterlings- oder Feuerwerksmustern bei Kimonos und Yukatas (Sommerkimono) gar nichts geht. Für den Yukata gilt: umso bunter, umso besser. Egal ob die Farben zusammenpassen oder nicht. Und so hat mein Obi (Gürtel) zwar eine tolle beige-goldene Farbe, aber eben auch eine Seite die schweinchen-rosa ist.
Also: Kimono, Obi ... was braucht man noch?
Damit man den Kimono während des Wickelns in Position halten kann, braucht man zwei bis drei Koshihimo (ganz normale Stoffbänder). Dann noch ein ganz Breites, das am Ende wenn alles hält noch mal um die Taille gewickelt wird - für die Sicherheit!
Und um die Knoten der vier Stoffbänder zu verstecken braucht man auch noch einen Plastikstreifen, den man am Ende zwischen Obi und Kimono steckt.
So, was fehlt? Genau! Die Unterwäsche. Mit sexy hat das nichts zu tun. Es handelt sich um einen einfachen, dünnen Baumwollwickelrock und einem Hemd aus dem gleichen Material, das ein wenig wie ein Kimono geschnitten ist, nur eben kürzer. Im Kragen des Hemdes wird ein Plastikstreifen eingeführt der die Funktion eines Formgebers für den Kimono übernimmt.
Also, wir halten fest: Sehr viele Dinge die man braucht damit ein Kimono aussieht, wie er ausehen soll.
Zum Outfit kommen hinzu:
- Tabi (weiße Socken mit Gummisohle, die den dicken Zeh von den Anderen trennen)
- Schuhe (Flip-Flops aus Holz beschreiben sie sehr gut)
- Handtasche (ein Stoffbeutel mit Kordel, mehr nicht)
Naja und was jetzt kommt konnte ich nicht gut fotografisch dokumentieren, ich war ja mit lernen beschäftigt. Also nur die Kurzfassung:
Socken anziehen, Klamotten ausziehen, Wickelrock anziehen, Hemd anziehen und dabei bloß die Reihenfolge welche Seite über die Andere kommt beachten! Sonst ist man am Ende als Leiche verkleidet. Damit alles hält, wird der erste Koshihimo umgebunden - schön fest!
Jetzt den Kimono überstreifen, ausrichten, so anheben, dass der Saum sich Knöchelhoch befindet, einschlagen und mit Koshihimo unter der Brust befestigen - richtig straff! Überflüssigen Stoff auf Brusthöhe herausziehen, hier und da ein wenig ziehen und korrigieren, beachten, dass der Kragen der Unterwäsche und des Kimonos gut übereinander liegen und eine Faust zwischen Hals und Kragen passt (das gilt als hübsch). Dann den nächsten Koshihimo nehmen und irgendwie alles festbinden, Hauptsache man bekommt keine Luft mehr. Dann kommt das letzte, dicke Band und man darf mit dem Obi-wickeln beginnen. Der wird erst einmal um den Bauch gewickelt, dann wird wieder ein Stück rausgezogen und anschließend wird an beiden Enden schön fest gezogen. Jetzt legen wir hier und da was übereinander, falten dort halb und hier halb, wickeln das andere Ende rum und stecken den überflüssigen Teil irgendwo hin, biegen noch ein wenig rum und "Tadaaa!" - fertig ist die Schleife! Und weil wir ja keine Prostituierten sind muss die Schleife auf den Rücken. Also ziehen wir diese stramme Konstruktion rechts rum bis wir glauben, dass die Schleife dort ist, wo sie hin gehört. Dann noch ein wenig hier zuppeln, da zuppeln, den Plastikstreifen noch irgendwo unterbringen und fertig ist der Kimono.
Ganz einfach, oder?
Wir halten fest: Kimono und Klimaanlage - best friends forever!
Der Kimono sieht gut aus, wenn am Ende keine weiblichen Kurven mehr zu erkennen sind. Üppige Oberweite ist hier eher nicht von Vorteil. Genau wie ausladende Gesäße oder übermäßiger Bauchspeck.
Wo ist Walter?
Nach diesem Foto durften wir in der Innenstadt flanieren. Dank des Taifuns war es stürmisch und schwül, nicht gerade sehr angenehm. Und ausserdem ist ein Kimono kein Kleidungsstück für Temperaturen über 30°C.
Eine Woche später war der zweite Workshoptag. Dieser sollte dem Vertiefen dienen oder dem Erlernen weiterer Obi-Bindungsarten. Ich war allerdings nur schwer in der Lage überhaupt irgendetwas auf die Reihe zu bekommen. Der Abend vorher war leider sehr lang und sehr alkohollastig gewesen. Also von diesem Exkurs nur ein Foto von mir und meiner Freundin Ivon.
Das war es aus der Welt der Kimonos. Ich hoffe ihr könnt euch jetzt ein wenig vorstellen, wie umfangreich das Anlegen dieses traditionellen, japanischen Gewands ist.
Viele Grüße